Das richtige Heizsystem finden
Erdwärme, Biomasse oder Solarthermie – wer sein Haus mit Wärme versorgen will, dem stehen vielen Möglichkeiten zur Verfügung. Ein Patentrezept gibt es nicht. Zu unterschiedlich sind die Rahmenbedingungen für die unterschiedlichen Systeme. In den vergangenen Jahren hat sich durch die gesetzlich geregelten Anforderungen zum energiesparenden Bauen der Energieverbrauch für das Heizen stark reduziert. Die Fördermaßnahmen für regenerative Energiequellen und Systeme zur Energieeinsparung wurden abgeschafft und zum Teil durch gesetzlich vorgeschriebene Maßnahmen oder Steuerbegünstigungen ersetzt.
Für alle Neubauten muss mindestens 50 % des Jahresenergiebedarfs durch regenerative Energiequellen gedeckt werden (bei Sanierungen 25 %). Der Warmwasserbedarf für sanitäre Zwecke soll mindestens zu 60 % unter Nutzung von erneuerbaren Energien erfolgen. Damit kommen Heizsysteme mit fossilen Brennstoffen wie Gas oder Öl nur mehr in Kombination mit umweltfreundlichen Systemen, wie z.B. thermische Solaranlagen, zur Anwendung. Nur durch einen rechnerischen Nachweis, dass die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen fehlen, dürfen fossile Brennstoffe eingesetzt werden.
Für die Auslegung und Definition des Jahresenergieverbrauchs ist eine Berechnung des Jahresenergieverbrauchs für die Heizung und Warmwasserproduktion notwendiger als je zuvor: Durch die Niedrigenergiebauweise mit Klimahaus A-Standard für Neubauten und C-Standard bei Sanierungen ist der Energieverbrauch für die Heizung in den Wintermonaten gesunken und der Energieverbrauch für die Warmwasseraufbereitung im Verhältnis gestiegen. Während noch vor wenigen Jahren der Energieverbrauch für die Warmwasseraufbereitung etwa 10 % des Gesamtenergieverbrauchs ausmachte, liegt dieser Anteil bei einem Gebäude in Klimahaus A-Ausführung mit vierköpfigem Haushalt nun bei 50 % und mehr. Damit hat auch die Warmwasseraufbereitung einen nicht unerheblichen Anteil an den Gesamtenergiekosten.
Tipp
Finden Sie Heizungsbauer im Südtiroler Baubranchenverzeichnis!
Allein die gesetzlichen Mindestanforderungen zeigen wie komplex die Wahl des richtigen Heizsystems geworden ist. Wichtige Parameter für die Wahl des Heizsystems sind nach wie vor die Kosten für Gas, Öl, Holz, Pellets oder elektrischen Strom. Aber auch die Kosten für die Anschaffung und Wartung der Heizsysteme werden durch den niederen Energieverbrauch immer wichtiger. Während Erdöl und Flüssiggas die höchsten Kosten aufweisen, liegt die Biomasse mit Pellets, Hackschnitzel und Stückholz im unteren Bereich. Die elektrische Energie ist der teuerste Energieträger, kann aber durch den Einsatz von Wärmepumpen sehr attraktiv sein (durch 1 kW elektrischer Energie kann bis zu 5 kW Wärme erzeugt werden).
Gasheizsysteme
Gasheizsysteme haben in jüngster Zeit vielfach Ölheizungen abgelöst und sind nach wie vor bei Sanierungsmaßnahmen gefragt. Der Heizkessel benötigt wenig Platz und kann bei kleinen Anlagen problemlos auch als Wandgerät ausgeführt werden. Für Mehrfamilienhäuser bieten Wandgeräte die Möglichkeit einer autonomen Heizung. Die Einsatzmöglichkeiten setzen das Vorhandensein einer Methanleitung voraus. Der Einsatz von Flüssiggas ist durch die Sicherheitsbestimmungen oft nur sehr begrenzt einsetzbar und durch die hohen Brennstoffkosten teuer. Für Neubauten sind Gasheizungen aufgrund der gesetzlichen Regelung für den Einsatz regenerativer Energiequellen nur sehr begrenzt möglich. Niedrige Investitionskosten sowie die Einfachheit der Brennstoffzufuhr bei Methanheizungen sind trotz höherer Brennstoffkosten Argumente für den Einsatz von Gasheizsystemen. Die Technik von Gasheizungen hat mit dem Gas-Niedertemperaturkessel einen maximalen Wirkungsgrad erreicht.
Erneuerbare Energie
Systeme mit Wärmepumpen (Geothermie oder Luft/Wassersysteme) sind genau wie Gasheizungen sehr benutzerfreundlich. Strom kommt wie Gas direkt ins Haus und muss nicht gelagert oder bestellt werden. Der Wirkungsgrad wurde in den vergangenen Jahren auch durch den Einsatz neuer Kältemittel stark erhöht. Durch die Niedrigenergiebauweise ist die Leistungsanforderung stark gesunken. Der Stromanschluss für ein Einfamilienhaus fällt dadurch nicht mehr so hoch aus, wie es früher der Fall war. Durch intelligente Vorrangschaltungen und Wärmespeicher schaltet die Wärmepumpe bei hoher Leistungsabnahme ab (z.B. beim Kochen oder Waschen). Wichtig beim Einsatz von Wärmepumpen ist die Auslegung aller Heizsysteme als Niedertemperaturheizung (Fußboden- oder Wandheizung). Interessant ist vor allem die Kombination der Wärmepumpen mit Photovoltaikanlagen. Dadurch kann der Anteil der regenerativen Energie erhöht werden. Wärmepumpen können auch geschickt für die Kühlzwecke in den Sommermonaten eingesetzt werden. Unter bestimmten Voraussetzungen werden Wärmepumpensysteme bis zu 40 % gefördert.
Hybridsysteme (Kombination Wärmepumpe und Gaskessel) werden von speziellen Herstellern von Gasthermen jüngst vermehrt angeboten: Sie haben den Vorteil, dass die Wärmepumpe in den Übergangsmonaten zu 100 % funktioniert und in der kalten Jahreszeit die Gastherme einspringt. Damit werden die Vorteile der Wärmepumpe im Niedertemperaturbereich bestens genutzt. Für die Warmwasseraufbereitung, welche im Hochtemperaturbereich den Wirkungsgrad der Wärmepumpe mindert, wird vorwiegend die Gastherme eingesetzt. Das System kann noch mit Solarkollektoren und Photovoltaik erweitert werden. Interessant sind die Einsatzbereiche und Förderungsmöglichkeiten bei Sanierungen besonders in Anwendung des 110-%-Bonus.
Biomasse
Fernwärmeanlagen nutzen zum Großteil die Biomasse als Energieträger. Durch die Wärmelieferung frei Haus ist eine hohe Benutzerfreundlichkeit gegeben. Die Energiekosten sind recht unterschiedlich und richten sich auch nach der Größe der Fernwärmeanlagen und dem Jahresverbrauch der einzelnen Anlagen. Nachteilig wirken sich dabei weitverzweigte Netze mit geringer Anschlussdichte aus. Daher sind die Möglichkeiten für den Anschluss an die Fernwärme nicht immer gegeben. Durch die Nutzung von Biomasse als Energieträger und die Möglichkeit auch kleine Verbraucher mit Energie aus kostengünstigem Brennstoff mit Hackgut zu bedienen und zudem den Dienst der Wärmelieferung direkt zum Verbraucher zu bringen, vereinen Fernwärmeanlagen alle positiven Aspekte.
Thermische Solaranlagen wurden in den vergangenen Jahren durch Photovoltaikanlagen verdrängt. In Südtirol fällt durch die geographische Lage mehr Sonnenenergie an als Primärenergie verbraucht wird. Das technisch nutzbare und wirtschaftlich erschließbare Potential ist aber viel niedriger und damit nur begrenzt einsetzbar. Damit stehen oft die ökologischen Überlegungen beim Einsatz von Solaranlagen im Vordergrund. Die solare Wärmenutzung ist auf die warmen Jahreszeiten beschränkt. Damit eignet sich diese oft nur für die Warmwassererzeugung. Für die Heizungsunterstützung werden Pufferspeicher benötigt, welche mit hohem Platzbedarf und hohen Investitionskosten verbunden sind. In Kombination mit Gasheizsystemen bieten sie die Möglichkeit, das Defizit der erneuerbaren Energie der fossilen Brennstoffe auszugleichen. Die Technik, welche die kostenlose Wärme der Sonne ausnutzt, ist problemlos mit allen Systemen kombinierbar und bietet eine interessante Ergänzung für jedes Heizsystem vor allem für die Warmwassererzeugung, gerade in Kombination mit Wärmepumpen. Auch hier werden bis zu 40 % der anerkannten Kosten vom Amt für Energieeinsparung gefördert.
Heizungsverteilung
Neben der Wärmeerzeugung spielt die Heizungsverteilung eine wichtige Rolle. Je nach Anwendung von Fußbodenheizungen oder Heizkörper haben verschiedene Heizsysteme ihre Berechtigung. Es macht kaum Sinn Heizanlagen mit Heizkörper durch eine Wärmepumpe zu bedienen, welche eine maximale Temperatur von 45° C erreicht. Bei der Wahl des richtigen Heiz-Systems für die Wärmeverteilung spielen die Behaglichkeit und der Komfort eine große Rolle. Dabei bieten Niedertemperatursysteme wie Fußboden- oder Wandheizungen eine hohe Behaglichkeit durch niedere Oberflächentemperaturen. Anderseits reagieren Fußbodenheizungen sehr träge, wärmen sich langsam auf und kühlen langsam ab. Temperaturschwankungen können nicht sofort ausgeglichen werden und es kann leicht zu Überhitzungen und Unterkühlung kommen, welche sich nachteilig auswirken. Dies wirkt sich bei Neubauten weniger aus als bei Altbauten.
Speziell bei Altbauten spielt auch der hydraulische Abgleich eine wichtige Rolle. Während bei Neubauten der Wärmebedarf durch Drosseln der Heizwassermenge Standard ist, werden noch viele ältere Heizanlagen mit gleichbleibendem Durchfluss betrieben, was abgesehen vom hohen Stromverbrauch hohe Wärmeverluste mit sich bringt. Bei Sanierungen von Heizanlagen wird dies oft nicht berücksichtigt, obwohl auch hier Beiträge im Ausmaß von 50 % der anerkannten Kosten durch das Amt für Energieeinsparung rückerstattet werden.
Raumkühlung während der Sommermonate
Die Klimaerwärmung hat dazu geführt, dass bei der Wahl der richtigen Heizsysteme auch über mögliche Kühlsysteme für die Sommermonate nachgedacht wird. In Kombination mit dem richtigen Heizsystem kann auch eine Klimatisierung über die warme Jahreszeit erfolgen. Durch die Problematik der F-Gas Verordnung bei so genannten Split-Anlagen wird vermehrt das Heizungswasser als Kühlmedium verwendet und in Kombination mit dem Heizsystem gekühlt. Dabei ist eine Berechnung der Kühllast in der Planung sowie die richtige Auswahl der Materialien erforderlich, auch wenn die Möglichkeit einer späteren Nachrüstung gegeben sein soll.
Regelung
Hierbei ist eine gute Regelung notwendig, welche die Raumtemperatur anhand vieler Parameter optimal einstellt. Eine sorgfältig eingestellte Regelung mit automatischer Umschaltung vom Sommer auf Winterbetrieb, mit Berücksichtigung der Art der Bauweise in Abstimmung mit dem Heizsystem, schafft erst die gewünschte Behaglichkeit. Immer mehr Regelsysteme lassen sich heute durch die Anbindung über das Internet auf mobile Geräte schalten und einstellen. Dies ermöglicht eine optimale Einstellung durch gute Kontrolle und ist zudem sehr benutzerfreundlich.
Nicht zu unterschätzen ist die Ersteinstellung aller Parameter durch Experten und die Optimierung während der ersten Heizperiode. Es kann immer wieder festgestellt werden, dass das Potential einer Regelung durch Nachlässigkeit in der Parametrierung nicht optimal ausgeschöpft wird. Hierbei sind eine professionelle Ersteinstellung und gute Einschulung notwendig. Für die Optimierung der Regelparameter ist eine Aufzeichnung der Verbrauchsdaten und Statistik sehr hilfreich und wird von den Herstellern der unterschiedlichen Heizsysteme durch benutzerfreundliche Apps meist kostenlos zur Verfügung gestellt.
Für die Wahl des richtigen Heizsystems ist eine gute Beratung durch Experten notwendig. Viele Kriterien sind für die richtige Auswahl zu berücksichtigen. Man tut sich heute schwerer als je, zuvor die Vor- und Nachteile abzuwägen und die Systeme in Einklang mit den aktuellen Bestimmungen für die Anwendung erneuerbarer Energieträger zu bringen. Auch bei Inanspruchnahme der unterschiedlichen Förderungen, welche vermehrt abhängig von Leistungszahlen werden, ist der Einsatzbereich der verschiedenen Heizsysteme zu untersuchen und durch Experten bestätigen zu lassen.
Diesen Artikel finden Sie auch im gedruckten Baufuchs 2023
Fachautor
per. ind. Martin Zuech
Binderweg, 9
I-39011 Lana (BZ)
Tel. +39 0473 490 323
info@emaservice.com
www.zuechmartin.com