Schutz beim Kauf einer Immobilie vom „Reißbrett“
Vielen wird noch in Erinnerung sein, wie für Einige der Traum von den eigenen vier Wänden mit dem finanziellen Ruin endete. Erwerber, die beim Abschluss des Kaufvorvertrages mit dem Bauträger von noch zu errichtenden Wohnungen bzw. Häusern (sog. Kauf vom „Reißbrett“) erhebliche Beträge angezahlt hatten, sahen sich im Falle der Eröffnung des Konkurses über den Bauträger im nachfolgenden Konkursverfahren mangels gesetzlicher Bevorrechtung ohne jeglichen Schutz.
Zum Schutze der Rechte der Erwerber des Eigentums oder eines dinglichen Nutzungsrechtes hat der Gesetzgeber ein Dekret erlassen, welches den Verkäufer einer noch zu errichtenden Liegenschaften dazu verpflichtet, dem Erwerber bereits zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des schriftlichen Kaufvorvertrages eine Bank- oder Versicherungsbürgschaft zur Besicherung aller geleisteten Angelder bzw. Anzahlungen auszuhändigen.
In der Folge mussten die Betroffenen oftmals den Totalverlust aller vorausbezahlten Beträge hinnehmen. In manchen Fällen bezahlten die geschädigten Käufer zweimal den Kaufpreis, um schließlich doch noch in den Genuss ihrer Wunschimmobilie zu gelangen.
Zum Schutze der Rechte der Erwerber des Eigentums oder eines dinglichen Nutzungsrechtes (z.B. Fruchtgenuss, Wohnrecht, Dienstbarkeit) hat der Gesetzgeber folglich das gesetzesvertretende Dekret Nr. 122/2005 erlassen, welches den Verkäufer einer noch zu errichtenden Liegenschaften dazu verpflichtet, dem Erwerber bereits zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des schriftlichen Kaufvorvertrages eine Bank- oder Versicherungsbürgschaft zur Besicherung aller geleisteten Angelder bzw. Anzahlungen auszuhändigen.
Als Erwerber gelten laut Gesetzgeber nur natürlichen Personen (also keine Gesellschaften), welche hinsichtlich einer noch zu errichtenden Liegenschaft gegenüber dem Verkäufer derselben ein Kaufversprechen abgegeben, bzw. mit dem Verkäufer einen jeglichen anderen Vertrag (einschließlich Leasing) abgeschlossen haben, der den Erwerb des Eigentums oder eines dinglichen Nutzungsrechtes zu Folge hat. In die Pflicht zur Aushändigung der Bank- oder Versicherungsbürgschaft nimmt der Gesetzgeber den Unternehmer oder die Wohnbaugenossenschaft, sei es dass die noch zu errichtende Liegenschaft von diesen selbst oder durch Dritte bzw. im Zuge eines Vergabeverfahrens ausgeführt wird.
Das obige Gesetz ist auf alle Arten von Immobilien (Wohnhaus, Wohnung, Büro, Garage usw.) anwendbar, da der Gesetzgeber diesbezüglich keinerlei Einschränkungen vorgesehen hat.
Unter „noch zu errichtende Liegenschaften“ versteht der Gesetzgeber solche, hinsichtlich deren bereits um die Erteilung der Baugenehmigung angesucht worden ist, welche jedoch noch zu errichten sind, bzw. welche jedenfalls noch nicht soweit fertiggestellt sind, dass die Bewohnbarkeits- bzw. Benutzungsgenehmigung erteilt werden kann.
Die Bürgschaft – welche bereits bei Abschluss des schriftlichen Kaufvorvertrages, bei sonstiger Vertragsnichtigkeit, auszuhändigen ist – muss von einer Bank, einer Versicherungsgesellschaft oder einem zugelassenem Finanzierungsvermittler (Broker) ausgestellt sein. Der Vorvertrag ist gleichfalls nichtig, wenn die Bürgschaft nicht von einer Bank, einer Versicherungsgesellschaft oder einem zugelassenem Finanzierungsvermittler ausgestellt worden ist. Die Vertragsnichtigkeit in Folge der ebengenannten Umstände kann allein vom Erwerber (und jedenfalls nicht vom Bauträger/Verkäufer) geltend gemacht werden.
Die Höhe der Bürgschaft muss in jedem Falle sämtliche vom Erwerber an den Bauträger einmalig oder nach und nach bezahlten Beträge (unabhängig davon, ob es sich um Angeld zur Bestätigung (caparra confirmatoria) oder um gewöhnliche Anzahlungen handelt) einschließlich der gesetzlichen Zinsen abdecken.
Die Einlösung der Bürgschaft kann vom Begünstigten vorgenommen werden, sobald Umstände eingetreten sind, die der Gesetzgeber als „Krisensituation“ bezeichnet hat: dazu gehört beispielsweise die grundbücherliche Anmerkung einer Pfändung zu Lasten der zu errichtenden Liegenschaft, die Veröffentlichung des Urteils über die Konkurserklärung des Bauträgers/Verkäufers, die Hinterlegung eines Antrages auf Eröffnung des gerichtlichen Ausgleichsverfahrens (concordato preventivo) seitens des Bauträgers/Verkäufers.
WICHTIG: die Bürgschaftserklärung muss den eindeutigen Verzicht des Bürgschaftsgebers (Bank, Versicherungsgesellschaft) auf vorherige Betreibung beim Hauptschuldner (also beim Bauträger/Verkäufer) beinhalten. Der Bürgschaftsgeber muss dem Begünstigten den geschuldeten Betrag innerhalb von dreißig Tagen ab Erhalt des Forderungsschreibens (Einschreiben mit Rückantwort) auszahlen. Bei Auszahlung nach Verstreichen dieses Termins sind zusätzlich die für die Einholung des Guthabens verauslagten Spesen samt der gesetzlichen Zinsen vom Bürgschaftsgeber zu ersetzen.Wenngleich der Gesetzgeber die Möglichkeit, von Seiten des Käufers Verzicht auf die Aushändigung der Bürgschaft zu leisten nicht vorgesehen hat, gilt als gesichert, dass eine Vereinbarung zum Verzicht auf die Aushändigung der Bürgschaft die Nichtigkeit des Kaufvorvertrages zur Folge hätte (vrgl. De Nova-Locati-Leo, L’acquisto di immobili da costruire, Milano, 2005, S. 16).
Die Besicherung bleibt laut Gesetz bis zum Moment des Eigentumserwerbs bzw. bis zum Erwerb des dinglichen Nutzungsrechtes aufrecht. Der Erwerb dieser Rechte erfolgt in der Region Trentino-Südtirol (Grundbuchsystem) mit der Einverleibung des notariellen Aktes in das Grundbuch.
Der Verkäufer/Bauträger ist schließlich laut obigem Gesetz verpflichtet, dem Erwerber im Moment der Eigentumsübertragung eine Versicherungspolice zu dessen Gunsten auszuhändigen, welche für die Dauer von zehn Jahren ab dem Moment der Beendigung der Bauarbeiten für Mangelschäden einsteht.
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Fachautor
RA Dr. Peter Linser
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