Nachhaltig Bauen mit KlimaHaus Nature
Die Errichtung und der Unterhalt von Gebäuden sind sehr energie- und rohstoffintensiv und für einen Großteil unserer Emissionen verantwortlich. Nachhaltiges Bauen ist daher eine der effizientesten und gleichzeitig auch wirtschaftlichsten Maßnahmen, um unseren ökologischen Fußabdruck zu verkleinern.
In energetischer Hinsicht haben wir heute einen weitgehend optimalen Standard, mit dem Erreichen dieses wichtigen Effizienzziels ist das Thema des nachhaltigen Bauens aber nicht erschöpft. Bauwillige machen sich zunehmend mehr Gedanken über die Vielschichtigkeit dieses Themas und mittlerweile entscheidet sich bereits einer von sieben Bauherren für ein KlimaHaus Nature.
Dieser ganzheitlichere Standard berücksichtigt auch weitere Auswirkungen des Gebäudes und der verwendeten Baumaterialien auf die Umwelt und auf die Gesundheit und das Wohlbefinden seiner Bewohner. Es geht also um einen insgesamt kleineren Umwelteintrag des Gebäudes, aber auch um niedrige Schadstoffkonzentrationen in der Raumluft, um eine natürliche Tageslichtnutzung, den Schutz vor Radon, den Schallschutz, oder um die Reduzierung des Wasserverbrauchs.
Materialien und Lebenszyklusbewertung
Bei einem effizienten Neubau hält sich über die Lebensdauer gerechnet die Energie, die während der Nutzung verbraucht wird und jene, die für die Herstellung des Gebäudes und seiner Komponenten aufgebracht werden muss, mittlerweile in etwa die Waage. Daher gilt es nun, neben der Betriebsenergie auch diese „graue Energie“ so gering wie möglich zu halten.
Bei der Bewertung von Materialien, Bauprodukten und ganzen Gebäuden sollte möglichst der gesamte Lebenszyklus betrachtet werden, von der Gewinnung der Rohstoffe, der Herstellung und den Transport über die Nutzung bis hin zu Rückbau und Entsorgung. Bei der Nature-Zertifizierung werden die Umweltauswirkungen von Materialien und Produkten anhand von Indikatoren beurteilt, welche den nichterneuerbaren Primärenergiegehalt, das Versauerungs- und Erderwärmungspotential sowie die Dauerhaftigkeit der Produkte beschreiben. Die Bewertung der Produkte nach diesen Umweltindikatoren ist in der KlimaHaus-Software hinterlegt.
Immer mehr Bauprodukte verfügen auch über eine EPD (environmental product declaration) oder Umweltdeklaration, welche den Umwelteintrag eines Produkts mithilfe der Daten von unabhängig erstellten Ökobilanzen quantifiziert.
Der Mensch im Mittelpunkt
Der Wohnkomfort und die Wohnraumhygiene sind für unser Wohlbefinden, unsere Gesundheit und Leistungsfähigkeit von höchster Bedeutung. Voraussetzung dafür sind unter anderem die thermische Behaglichkeit, eine hohe Raumluftqualität mit geringen Schadstoffkonzentrationen, ausreichende natürliche Beleuchtung und eine komfortable Raumakustik.
Raumluftqualität
Oft sind die Symptome auf eine Überempfindlichkeit gegenüber Chemikalien oder eine ungenügende Lüftgüte zurückzuführen. Die Sicherstellung einer hohen „Indoor-Qualität“ ist auch eines der Kriterien von KlimaHaus Nature. So sind innerhalb der luftdichten Ebene ausschließlich Produkte (Materialien, Lacke, Anstriche usw.) einzusetzen, die bestimmte Emissionsgrenzwerte für Luftschadstoffe wie beispielsweise VOC (volatile organic compounds), Formaldehyd u.a. nicht überschreiten. Alternativ dazu muss ein automatischer Luftwechsel durch eine Komfortlüftung sichergestellt werden, um die Schadstoffkonzentrationen auf ein unbedenkliches Maß zu reduzieren. Das betrifft insbesondere auch den Schutz vor Radon. Je nach Standort und Konzentration des radioaktiven Edelgases müssen geeignete Baumaßnahmen getroffen werden, die das Eindringen von Radon in die Wohnräume verhindert. Alternativ dazu kann auch hier mit einer Lüftungsanlage für eine niedrige Radon-Konzentration (Jahresmittel unter 200 Bq/m³) gesorgt werden.
Schallschutz
Auch Lärm beeinträchtigt unser Wohlbefinden kann sich auf Dauer auch negativ auf unsere Gesundheit auswirken. Die Maßnahmen des baulichen Schallschutzes richten sich zunächst nach der Lärmquelle. Einerseits gibt es Belastungen von außen, wie Verkehrs- oder Nachbarschaftslärm, und die entsprechenden akustischen Dämmanforderungen an Außenwände, Dach, sowie Fenster und Türen. Neben den akustischen Dämmeigenschaften der einzelnen Bauteile gilt es besonders die Verbindungen zwischen den konstruktiven Elementen akustisch zu entkoppeln, um Schallübertragungen weitgehend zu vermeiden. Eine wichtige Rolle spielt die Trittschalldämmung von Böden und Treppen sowie die Isolierung und schalltechnische Entkopplung von wasserführenden Rohrleitungen und Sanitärinstallationen, Lüftungskanälen sowie von Heiz- und Kühlanlagen. Die Überprüfung der KlimaHaus-Nature Anforderungen wird von einem qualifizierten Techniker mit genormten Akustikmessungen durchgeführt.
Natürliches Tageslicht
Ebenso wichtig für Wohlbefinden und Gesundheit ist ausreichend natürliches Tageslicht. Besonders am Arbeitsplatz kommt natürlichem Licht und seiner Wirkung auf unsere Leistungsbereitschaft besondere Bedeutung zu. Um den vielen Problemstellungen der Praxis gerecht zu werden kann, kann der Nachweis für KlimaHaus-Nature über die Messung des mittleren Tageslichtfaktors (≥ 2%), dem Verhältnis Fenster- zu Wohnfläche (1/5) bzw. dem Verglasungsanteil (70%) erbracht werden.
Wassermanagement
Für eine KlimaHaus-Nature-Zertifizierung muss eine Reduktion um mindestens 30 % des Wasserverbrauchs eines Standardgebäudes erzielt werden, über Wasserspararmaturen, eine geringere Bodenversiegelung oder die Regen- und Grauwassernutzung.
Baumassenbonus für KlimaHaus Nature
Mit dem so genannten „Energiebonus“ (Beschluss der Landesregierung Nr. 964/2014) wird in Südtirol nachhaltiges Bauen über den Mindeststandard hinaus angeregt und gefördert. Vorbehaltlich einer Verlängerung oder Erneuerung, kann beim Neubau noch bis zum 31.12.2021 ein Baumassenbonus von 10 % in Anspruch genommen werden, wenn das Gebäude im Standard KlimaHaus Nature errichtet wird.
Diesen Artikel finden Sie auch im gedruckten Baufuchs 2023